Gefördert von den Theaterfreunden Mainz und im Kontext der Neuproduktion „Leonce und Lena“ von Georg Büchner am Schauspiel des Staatstheaters Mainz, hielt Dr. Johannes Ullmaier – Akademischer Direktor am Deutschen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz – für die Theaterfreunde und weitere Interessierte einen Vortrag über die Bedeutung von Depression und Melancholie im menschlichen Gesellschaftsleben.

Zu Beginn seines Vortrags ‚Ich weiß nicht, was soll es bedeuten‘ – Melancholie als unvermittelbares Leid“ entwarf Dr. Ullmaier eine Art Zukunftsvision, in welcher die Wissenschaft sämtliche Mysterien rund um Melancholie und die „Volkskrankheit“ Depression aufgeklärt habe. Diese Utopie erlaubte es dem Redner, den medizinischen Begriff der Depression im weiteren Verlauf des Vortrags sauber vom emotional geprägten Begriff der Melancholie zu trennen. Als wesentliches Unterscheidungsmerkmal arbeitete Dr. Ullmaier den Umstand heraus, dass die Depression stets einen oder mehrere Auslöser habe, wodurch die medizinische Behandlung möglich sei. Die Melancholie hingegen sei eine nicht von Auslösern abhängige Lebenseinstellung sowie eine spezielle Haltung gegenüber der Welt und somit von bleibendem Charakter, also nicht behandelbar.

Der inhaltliche Bogen zu Büchners einzigem Lustspiel „Leonce und Lena“ war somit gespannt und in einer anregenden Podiumsdiskussion mit dem Regie-Team und Mitwirkenden der Mainzer Inszenierung des Stücks wurden die Gedanken des Vortrags aufgegriffen und unter der Moderation von Chefdramaturg Jörg Vorhaben gemeinsam weiterentwickelt. In dieser Runde gab es für langjährige Mainzer Theatergänger*innen auch ein Wiedersehen mit Schauspieler Steve Karier, der unter der Intendanz von Georg Delnon bis 2006 festes Mitglied des Mainzer Schauspielensembles war. Nun ist er wieder in Mainz und in der „Leonce und Lena“-Inszenierung von Hausregisseur K. D. Schmidt als Valerio zu sehen – eine Rolle, die er bereits während der 90er Jahre am Schauspielhaus Bochum unter der legendären Leander Haußmann-Intendanz verkörperte. Karier betonte die konzeptionellen Unterschiede der damaligen Bochumer Inszenierung, welche nur mit wenigen Partikeln und lediglich vier Figuren des Stückes arbeitete, und der neuen Mainzer Interpretation. „In Bochum ist es [das Stück] eine Behauptung geblieben – eine intelligente zwar – aber eine Behauptung. In Mainz wird es jetzt etwas ganz Anderes. Das war für mich auch der entscheidende Grund, die Rolle hier anzunehmen. Ich hatte in Bochum nicht das Gefühl, mit der Rolle Valerio schon abgeschlossen zu haben. Es kommt gar nicht so oft vor wie man vielleicht denkt, dass Schauspieler im Verlauf ihrer Engagements mehrmals dieselbe Rolle in unterschiedlichen Inszenierungen spielen. Das ist schon eine besondere Gelegenheit“, so der Schauspieler.

Regisseur K. D. Schmidt betonte die zahlreichen Zitate aus Philosophie, Wissenschaft und Literatur, die sich durch den gesamten Stücktext ziehen. Um diese Intertextualität produktiv für die Inszenierung nutzen zu können, konnte Prof. Thomas M. Schmidt von der Goethe-Universität Frankfurt am Main als Philosophischer Berater gewonnen werden.

Auf großes Interesse stieß zum Abschluss die Präsentation des Bühnenbild-Modells durch Bühnenbildner Matthias Werner. Hängebrücken in luftiger Höhe des Raumes sowie ein Theatersaal, der – speziell für die Inszenierung „Leonce und Lena“ – keine Trennung von Bühne und Zuschauerraum kennt, versprechen ein intensives, Schauspielerlebnis auf der Studiobühne U17.

Philip Barth