Mit dieser Frage beschäftigt sich Gerhard Stadelmaier in der Frankfurter Allgemeine (FAZ) vom 18.7.2014. Sein Fazit lautet: Aus Angst vor dem Bedeutungsverlust treibe sich das Theater überall dort herum, wo es eigentlich nicht hingehöre und vernachlässige dabei seine Zuschauer. Das Theater halte ihnen nur noch einen Spiegel ihres eigenen Alltags vor, fasziniere aber nicht mehr durch das „Unbekannte, Fremde, nicht so Konsumierbare, Schöne, Strenge, Erhabene, dem Alltag und seiner Sprache enthobene, Poetische“. Das Publikum nehme, so Stadelmaier, das Dargebotene nur noch hin.
Flucht aus dem Theater
Unter dem Vorwand, die Zuschauer dort abholen zu wollen, wo sie stünden, bewürfen die Theater sie mit „Alltagsdurchgeknalltheiten“. Dadurch würden die Zuschauer der Bühne immer mehr entfremdet.
In einem Rundumschlag durch die deutsche Theaterlandschaft zieht er als Beleg für seine These auch 2 Produktionen des Staatstheaters Mainzer, die für die Spielzeit 2014/2015 auf dem Premierenprogramm stehen, heran, nämlich:
- den „performativen Stadtspaziergang durch die Mainzer Neustadt“ vom 25.9.2014 bis zum 2.10.2014
- den „Orientierungsplan für die Rhein-Main-Region“ vom 12.9.2014 bis zum 5.10.2014
Dabei werde der Zuschauer zum Selbstdarsteller, so dass sich ein Ensemble erübrige. Süffisant fügt Stadelmaier hinzu: „Aber natürlich nicht der Regisseur, der das ‚konzipiert‘. Und sein Honorar einstreicht.“
Flucht zu den Romanen
Auch die zunehmenden In-Szene-Setzungen von Literatur kritisiert Stadelmaier heftig. Zwar mangele es an genuinen Stücken, doch habe diese seinen Grund auch darin, dass man sich nicht genügend neuen, jungen Autoren zuwende sowie zu wenig ausprobiere und wage. Auch in diesem Zusammenhang kann Stadelmaier einen Seitenhieb auf die Dramaturgen und Regisseure und ihr „erkleckliches Zubrot“ nicht unterdrücken.
Der Artikel endet mit der Frage: „wieso soll die öffentliche Hand einem Theater hinterherlaufen, das vor sich selbst davonläuft?“ wl